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KAPITEL 31
 

Destroyer


Einige Tage nach dem Vorfall im Tonstudio bekam Shandi eine Vorladung vom Gericht. Man hatte Anklage gegen sie erhoben, wegen Mordes an Pamela. Shandi war geschockt. Sie hatte Pamela doch nicht „ermordet„. Es war ein Unfall! Aufgeregt lief sie zu Gene und zeigte ihm das Schreiben. sie fragte ihn verzweifelt:"Was soll ich denn jetzt machen?" Gene versuchte, seine Tochter zu beruhigen:"Mach dir keine Sorgen. Ich werde dich zu der Verhandlung begleiten. Alles wird gut; Du wirst sehen.„ Nur zu gerne hätte Shandi ihrem Vater geglaubt, aber sie war sich nicht so sicher, dass alles wieder gut würde. Was sollte denn aus ihren Kindern werden, wenn sie tatsächlich verurteilt würde?!



Gene hatte einen Anwalt für Shandi besorgt, der sehr gut war. Mit ihm besprach Gene, dass man im Falle einer Verurteilung doch darauf plädieren sollte, Shandi gegen Kaution frei zu lassen, da sie ja Mutter von vier kleinen Kindern war. Der Anwalt versprach, dass er sich etwas in dieser Richtung überlegen wollte.



Erst am Tag der Verhandlung erfuhr Shandi, dass Paul als Nebenkläger auftrat. Sie dachte sich:"Das sieht ihm ähnlich." Ihr war klar, dass er alles daran setzen würde, um sie aus dem Weg zu haben.



Zunächst einmal wurde sie in den Zeugenstand gerufen. Der Richter belehrte sie, dass sie vor Gericht die Wahrheit sagen musste, dann fragte er ihre Personalien ab:"Sie heißen Cassandra Elisabeth Simmons?„ Shandi entgegnete: „Ja. Das heißt, eigentlich ist mein voller Name Cassandra Elisabeth Bulsara Simmons. Ich bin verwitwet.„ Der Richter nickte. Dann fuhr er fort mit der Abfrage. Shandi bestätigte alles, wonach er sie fragte; Alter, Wohnort, etc.
Schließlich ließ er sich von Shandi zum Tattag und –hergang berichten. Shandi sagte aus:"Ich war an jenem Tag mit meiner Halbschwester Kristin und meinem jüngsten Sohn Jason spazieren gegangen. Plötzlich stand Mrs. Eisen vor uns. Zunächst beschimpfte sie meine Schwester, dann zog sie die Waffe hervor und richtete sie auf Kristin. Ich habe meinen kleinen Sohn aus der Schusslinie gebracht. In dem Moment hörte ich einen Schuss. Ich drehte mich um und sah, wie meine Schwester getroffen zu Boden fiel. Ich dachte, sie sei tot. Ich wollte Mrs. Eisen die Waffe entreißen. Bei diesem Kampf löste sich ein zweiter Schuss, der Mrs. Eisen leider tödlich traf. Ich wollte das nicht. Ich hätte doch gar keinen Grund, diese Frau zu töten.„
Paul stand wie von der Tarantel gestochen auf und brüllte durch den Gerichtssaal:"Tu doch nicht so scheinheilig. Du wusstest sehr wohl, dass sie auch kurze Zeit vorher entbunden hatte. Ist das nicht Grund genug?„ Der Richter ermahnte Paul:"Mr. Eisen, setzen Sie sich und mäßigen Sie Ihre Worte." Nur widerwillig setzte sich Paul wieder hin.
Der Richter wandte sich Shandi wieder zu:"Mrs. Bulsara Simmons, wussten Sie tatsächlich, dass Mrs. Eisen kurz zuvor ein Baby bekommen hatte?„ Shandi zuckte mit den Schultern:" Es kann sein, dass Kristin es mir gegenüber erwähnt hat. Aber daran kann ich mich nicht erinnern.„ Der Richter nickte, dann fragte er die Anwälte:"Noch Fragen an die Angeklagte?„ Der Staatsanwalt erhob sich:"Mrs. Simmons, ist es richtig, dass Ihr jüngster Sohn auch der Sohn von Mr. Eisen ist?„ Shandi antwortete:"Ja. Aber das hat nichts mit Mrs. Eisen zu tun. Ich hatte vorher noch nie mit dieser Frau zu tun gehabt. Außerdem wüsste ich auch gar nicht, was das mit dieser Sache zu tun haben soll. Mein Sohn ist ja das Resultat eines einmaligen Ausrutschers. Also, wenn Sie auf Eifersucht als Tatmotiv hinaus wollen, muss ich Sie enttäuschen.„ Der Staatsanwalt staunte nicht schlecht über Shandis Antwort. Vollkommen irritiert setzte er sich auf seinen Platz.
Paul wusste dafür umso mehr zu sagen. Wütend sprang er erneut von seinem Stuhl auf und rief:"Du warst doch sehr wohl eifersüchtig. Und wenn es nicht auf Pamela war, dann eben auf Kristin. Und als du gesehen hast, dass ich Pamelas Sohn anerkannt habe, im Gegensatz zu deinem Bastard, da sind sämtliche Sicherungen bei dir durchgebrannt.„ Shandi schüttelte nur den Kopf:"Das ist doch absurd." Der Richter sah Paul streng an und sagte zu ihm:"Mr. Eisen, wenn ich Sie noch mal ermahnen muss, gibt es eine Bußgeldstrafe. Haben wir uns verstanden?" Paul setzte sich wieder hin, während er murmelte:"Ja, ja. Schon gut.„
Schließlich rief der Richter Paul auf, mit der Bemerkung:"Da Sie uns ja so viel zu sagen haben, kommen Sie bitte in den Zeugenstand.„ Paul ging nach vorne in den Zeugenstand. Nachdem der Richter ihn belehrt und seine Personalien abgefragt hatte, musste Paul aussagen, was er denn über den Tathergang wüsste. Paul überlegte kurz, dann sagte er:"Ehrlich gesagt, habe ich das gar nicht mitbekommen. Ich meine, ich war nicht dabei. Ich weiß nur das, was mir die Polizei später berichtet hat. Aber ich kann nicht glauben, dass es nur Notwehr von Shandi gewesen sein soll. Sie hasst mich und wollte mir nur schaden. Da bin ich mir sicher." Der Richter sah Paul ein wenig genervt an. Dann sagte er:"Mr. Eisen, wenn Sie nichts beobachtet haben, wie können Sie dann so sicher sein, dass Mrs. Bulsara Simmons Ihre Ex-Frau absichtlich getötet hat? Was Sie hier vorbringen, sind reine Spekulationen und damit kann ich nichts anfangen.„ Dann wandte er sich wieder an die Anwälte, ob noch Fragen an den Zeugen bestünden. Beide verneinten und Paul durfte den Zeugenstand wieder verlassen.
Dann wurde Kristin in den Zeugenstand gerufen. Auch sie wurde belehrt, die reine Wahrheit zu sagen und nach ihren Personalien gefragt. Dann musste sie den Tathergang berichten. So begann sie, zu erzählen:"Ich war an jenem Tag mit Shandi und ihrem Baby spazieren gegangen, als Mrs. Eisen plötzlich vor uns stand. Sie fing gleich an, mich zu beschimpfen. Sie nannte mich ein Flittchen und ich solle mir nicht einbilden, ich könnte ihr so ohne weiteres den Mann ausspannen. Dann hatte sie auf einmal die Waffe in der Hand und zielte damit auf mich. Shandi brachte ihren Sohn in Sicherheit. Deshalb konnte sie auch nicht verhindern, dass Mrs. Eisen mich getroffen hatte und ich zu Boden ging. Nach diesem ersten Schuss drehte sich Shandi zu Mrs. Eisen und wollte ihr die Waffe entreißen. Bei dem Kampf löste sich ein zweiter Schuss, der Mrs. Eisen tödlich traf.„ Der Richter und auch die Anwälte hatten danach keine weiteren Fragen mehr und so wurde Kristin wieder aus dem Zeugenstand entlassen.
Als sie gerade gehen wollte, fiel ihr das Diktiergerät wieder ein, das sie an jenem Tag bei sich hatte. Sie ging zurück zum Richter und sagte:"Mir ist gerade eingefallen, dass ich einen Teil des Geschehens mit meinem Diktiergerät aufgenommen habe. Da ist deutlich zu hören, dass meine Schwester nicht vorsätzlich gehandelt hat.„ Der Richter sah sie fragend an. Dann fragte er beide Anwälte, ob sie bereit wären, das Band als Beweismittel kurzfristig zuzulassen. Beide stimmten zu und das Band wurde abgespielt.
Tatsächlich war zu hören, dass Shandi lediglich versucht hatte, Pamela die Waffe wegzunehmen und dass sie sehr erschrocken und geschockt auf den Vorfall reagierte. Es war auch zu hören, wie sie nach einem Arzt rief und immer wieder beteuerte, dass sie das nicht gewollt hatte.
Nachdem der Richter und die Anwälte das gehört hatten, sagte der Richter schließlich:"Nun, in Anbetracht dieser neuen Beweislage, bleibt mir nichts anderes übrig, als die Angeklagte, Mrs. Bulsara Simmons von dem Vorwurf der vorsätzlichen Tötung freizusprechen. Wie wir eben gehört haben, hat sie sehr geschockt reagiert. Sie rief sogar nach einem Arzt, damit Mrs. Eisen eventuell noch gerettet werden kann. Ihre Schwester, Mrs. Carr Simmons, beteuerte, dass außer ihr niemand wusste, dass das Band mitläuft. Somit ist auch der Verdacht, dass Mrs. Bulsara Simmons nur vorgetäuscht hat, geschockt zu sein, auch nicht nachweisbar. Daher erkläre ich, dass die Angeklagte freigesprochen und der Haftbefehl mit sofortiger Wirkung aufgehoben wird. Die Sitzung ist hiermit geschlossen.„
Shandi sah ihren Verteidiger ungläubig und fragend an:"Heißt das, ich bin frei?" Der Rechtsanwalt nickte:"Ja, genau das heißt es. Ich gratuliere Ihnen.„



Erleichtert verließ Shandi mit ihrer Familie das Gerichtsgebäude. Sie stand gerade mit Kristin zusammen, bei der sie sich für ihre Unterstützung bedankte. Da kam Paul an ihnen vorbei. Verächtlich sah er die beiden an. Zu Shandi sagte er:"Bilde dir bloß nicht ein, dass damit alles vorbei wäre. Dich mache ich fertig, das verspreche ich dir.„ Dann wandte er sich an Kristin:"Von dir hätte ich am allerwenigsten gedacht, dass du mir so in den Rücken fällst. Aber glaube mir, das wirst du noch bereuen.„ Damit ließ er die beiden stehen. Shandi und Kristin sahen sich verdutzt an. Kristin fragte Shandi:"Glaubst du, das meint er ernst?„ Shandi nickte:"Ja, ich fürchte schon. Paul ist von Hass zerfressen. Kaum zu glauben, dass er und ich mal ein besseres Verhältnis zueinander hatten.„ Schließlich machten sich die zwei zusammen mit Gene auf den Heimweg.



Im KISS-Haus angekommen, wollte Gene wissen, was Paul zu Shandi und Kristin gesagt hatte. Shandi entgegnete:"Dad, glaube mir, das willst Du nicht wissen.„ Gene sah sie nur verwirrt an, doch er fragte nicht weiter. Shandi ging mit Kristin in ihr Zimmer.
Dort fragte Kristin:"Was meinst du, was Paul vorhat? Er wirkte sehr wütend und schien vor nichts mehr Halt machen zu wollen.„ Shandi antwortete:"Ich fürchte, er ist tatsächlich so weit, dass er zu allem bereit wäre. Sieh dich vor. Ich meine, du bist schwanger und das Baby ist nicht von ihm. Er könnte sonst was versuchen.„ Kristin erschrak. Sollte Paul etwa wirklich so weit gehen, ihr oder dem Baby etwas antun zu wollen? Schneller, als ihr lieb war, sollte sie eine Antwort auf diese Frage bekommen.



Als sie Shandis Zimmer verließ, kam ihr Paul entgegen. Der sah sie böse an und zischte:"Komm mit, ich hab mit dir zu reden.„ Dann packte er sie fest am Arm und zog sie in ihr Zimmer. Kristin versuchte, sich zu befreien, doch es gelang ihr nicht. Sie sagte:"Paul, du tust mir weh. Lass mich los!„ Er antwortete grob:"Es sollte auch wehtun. Und jetzt werde ich dafür sorgen, dass dein kleiner Bastard erst gar nicht das Licht der Welt erblickt. Ihr zwei habt schon genug angerichtet.„ Damit wollte er sich auf Kristin stürzen, doch Kristin entwischte ihm im letzten Moment. Sie fragte völlig verängstigt:"Paul, was hast du vor?" Doch Paul antwortete nicht, sondern versuchte erneut, sie zu packen. Er war so voller Wut, dass er gar nicht weiter darüber nachdenken wollte, was er im Begriff war zu tun. Paul wollte Kristin ihr Kind aus dem Leib prügeln. Zu sehr war er von der Tatsache, dass dieses Kind nicht seins war, verletzt. Außerdem wollte er Kristin einen Denkzettel verpassen, da sie ihm ja bei Gericht in den Rücken gefallen war und dafür gesorgt hatte, dass Shandi freigesprochen wurde.
Shandi hörte von ihrem Zimmer aus das Geschrei. Sofort lief sie zu Kristins Zimmer und riss die Tür auf. Sie stürzte sich auf Paul und versuchte ihn, von Kristin wegzubringen. Doch er drehte sich so abrupt um, dass sie einen Stoß abbekam und hinfiel. Kristin nutzte diese Gelegenheit, um aus dem Zimmer zu flüchten.
Sie lief in Genes Büro, doch der war nicht da. Also legte sie ihm einen Zettel hin:



Lieber Dad,

ich halte es hier nicht länger aus. Paul macht mir das Leben zur Hölle. Ich werde für eine Weile zu Bruce ziehen, um dort in aller Ruhe mein Kind zur Welt zu bringen und mir über einiges klar zu werden. Bitte sag niemandem, wo ich bin.

Ich hab Dich lieb.

Kristin



Dann verließ sie das Haus und ging zu Bruce. Währenddessen fauchte Paul Shandi an:"Du Miststück! Ich habe dir gesagt, dass ich dich fertig mache. Und wenn du nicht das tust, was ich dir gesagt habe, wirst du es bitter bereuen. Ich will dich und deine gesamte Brut hier nicht mehr sehen. Du hast so viel kaputt gemacht. Verzieh Dich endlich!„ Shandi wusste, dass sie keine andere Wahl hatte, als wirklich zu gehen.
So ging sie wortlos in ihr Zimmer, um zu überlegen, wie sie Gene die Situation erklären sollte.



Gene kam gerade zur Haustür herein, als Paul Kristins Zimmer verließ. Gene fragte:"Wo sind Kristin und Shandi?" Paul antwortete:"Shandi ist in ihrem Zimmer und wo Kristin ist, weiß ich nicht.„ Dann ging er in sein Zimmer.
Gene verstand die Welt nicht mehr.
So ging er zu Shandi. Sie war immer noch total aufgewühlt von dem, was da eben geschehen war. Gene wollte wissen, was passiert sei. Shandi erzählte es ihm und äußerte die Bitte, in ein eigenes Haus oder eine Wohnung ziehen zu können. Nun wusste Gene, dass er handeln musste. Er versprach ihr, dass er für sie ein eigenes Haus bauen lassen würde.



Dann ging er zu Paul. Lautstark stellte er ihn zur Rede:"Was denkst du eigentlich, wer du bist, dass du so mit meinen Töchtern umgehst?! Wenn Kristin irgendetwas passiert, oder Shandi wieder in ihrer Verzweiflung mit den Drogen anfängt, kannst Du was erleben.„
Paul ließ Genes Ansprache kalt. Er sagte nichts. Gene fuhr fort:"Merkst du nicht, dass du alles zerstörst? Was ist los mit Dir? Erst bedrohst du Shandi und nun versuchst du auch noch Kristin die Hölle heiß zu machen.„ Paul erwiderte:"Wenn hier jemand alles zerstört, dann deine liebe Tochter Shandi. Ich kann und will sie nicht mehr hier sehen. Solltest Du da nicht mitmachen, kannst Du KISS vergessen.„ Damit ließ er Gene stehen und verließ das Haus.



Gene ging betroffen in sein Büro. Er konnte nicht glauben, dass alles so eskaliert war.
Dann fand er Kristins Brief.
So weit war es also gekommen. Die eine Tochter war schon geflüchtet und die andere drängte auch darauf, auszuziehen. Gene, der sonst eher selten Gefühle zeigte, kamen die Tränen. Er war über die Situation verzweifelt. Doch im Moment blieb ihm nichts anderes übrig, als alles als gegeben hinzunehmen.



Schließlich telefonierte mit dem Bauunternehmen, das auch das KISS-Haus gebaut hatte und gab das Haus für Shandi in Auftrag. Danach ging er zu Shannon, die im Wohnzimmer war. Ihr erzählte er die gesamten Ereignisse des Tages. Wieder einmal war sie es, die Gene aufbauen musste. Dass auch sie traurig war, zeigte sie ihm nicht. Sie wollte für ihren Gene da sein.





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