Sie sind hier: Startseite  

KAPITEL 10
 

Nowhere To Run


Ungefähr eine Woche, nach ihrer Nacht mit Ace, spürte Shandi, dass etwas mit ihr nicht stimmte. Ihr wurde jeden Morgen übel und auch sonst ging es ihr zwischenzeitlich gar nicht gut. Shandi ahnte, was los war, also holte sie sich in einer Apotheke einen Schwangerschaftstest. Der fiel natürlich, wie erwartet, positiv aus. Eigentlich freute sich Shandi auf dieses Kind – schließlich war es von Ace. Andererseits wusste sie aber auch ganz genau, dass Gene wütend sein würde. Er war ohnehin gegen diese Beziehung. Wenn er jetzt auch noch erfahren würde, dass sie ein Kind von Ace erwartete, würde er völlig ausrasten!



So fasste Shandi den Entschluss, von zuhause wegzugehen. Zunächst fuhr sie aber zu ihrer Großmutter Florence. Shandi hatte sie schon lange nicht mehr besucht und hatte schon fast ein schlechtes Gewissen, sie ausgerechnet jetzt in dieser Situation um Hilfe zu bitten, doch wenn es jemand schaffte, Gene behutsam die Wahrheit zu sagen, dann Florence. Allerdings war die gar nicht da. Wie Shandi, wieder zuhause angekommen, von Shannon erfuhr, war Florence auf Weltreise. Dann fragte Shannon:"Warum wolltest du denn zu ihr? Ihr hattet doch in den letzten Jahren so gut wie gar keinen Kontakt.“ Shandi antwortete:"Eben, darum ja." Shannon durchschaute Shandi aber, zumal sie während deren Abwesenheit den benutzten Schwangerschaftstest gefunden hatte. Shannon fragte:"Kann es sein, dass du Gene und mir etwas zu sagen hast?" Sie zeigte Shandi den Schwangerschaftstest. Shandi konnte Shannon nicht ansehen. Leise sagte sie:"Ja, ich bin schwanger – von Ace.“ Dann sah sie Shannon verzweifelt an:"Aber Dad darf das nicht erfahren. Der würde die Situation sowieso nicht verstehen.“ Shannon seufzte:"Na, toll! Und jetzt?“ Shandi sagte:"Ich muss für eine Weile weg von hier. Ich muss nachdenken, wie es weitergehen soll.“ Shannon entgegnete:"Shandi, weglaufen ist keine Lösung. Außerdem – Was soll ich deinem Vater denn sagen, wenn er nach dir fragt?“ Doch damit stieß sie bei Shandi auf taube Ohren. Sie war fest entschlossen, wegzugehen. Das Einzige, was sie Shannon zur Antwort gab, war:"Ich werde ihm in einem Brief, den du ihm bitte gibst, alles erklären, soweit das möglich ist.“
In ihrem Zimmer schrieb Shandi den Brief an ihren Vater:



Liebester Dad,
bitte sei nicht böse, dass ich wieder einfach so weggegangen bin. Ich brauche einfach etwas Abstand und muss über einige Dinge nachdenken.
Bitte mache Dir keine Sorgen und versuch auch nicht, mich zu finden. Ich melde mich bei Dir.

In Liebe

Shandi



Dann packte sie ihre Sachen, gab Shannon den Brief und rief sich ein Taxi zum Flughafen.



Wohin sie wollte, wusste Shandi selber nicht so genau. Sie überlegte sich, zu ihren Adoptiveltern zu fahren, doch den Gedanken verwarf sie wieder.

Stattdessen fuhr sie zu ihrer leiblichen Mutter Esther, die sie ja auch schon lange nicht mehr gesehen hatte.
Esther war überglücklich, ihre Tochter zu sehen und wollte wissen:"Was treibt dich denn nach so langer Zeit zu mir?" Shandi erzählte ihr, was passiert war in all der Zeit. Als sie Esther schließlich sagte, dass sie schwanger ist und von wem das Kind ist, schüttelte Esther zunächst nur den Kopf und fragte:"Und dein Vater weiß nichts davon?" Shandi verneinte:"Was meinst du, was dann los wäre. Dad ist strikt gegen meine Beziehung zu Ace.“ Esther sagte:"Gut, dann bleibst du jetzt erst einmal hier. Wenn das Kind da ist, sehen wir weiter.“ Shandi war einverstanden. Sie hätte auch gar nicht gewusst, wo sie sonst hätte hingehen sollen. Es waren ja alle gegen sie und Ace.



Währenddessen erfuhr Gene, dass Shandi abgereist war. Er machte Shannon große Vorwürfe:"Warum hast du Shandi gehen lassen? Sie ist doch hier zuhause. Was ist passiert?“ Shannon sagte nur:"Shandi hat dir einen Brief hier gelassen.“ Dann drückte sie Gene den Brief in die Hand und er begann, zu lesen. Gene sah Shannon fragend an:"Was soll ich denn damit anfangen?Shannon, was ist mit meinem Mädchen los? Steckt sie in Schwierigkeiten?“ Shannon antwortete:"Wie man es nimmt. Shandi ist schwanger, aber sie wollte es dir nicht sagen, da sie befürchtete, du würdest böse sein und ihr Vorwürfe machen.“ Gene musste sich erst einmal setzen. Er wurde Großvater und seine eigene Tochter hatte Angst, sich ihm anzuvertrauen. Dann wurde er misstrauisch:"Moment, da steckt doch noch etwas anderes dahinter. Shandi traut sich immer nur dann nicht, mir etwas zu sagen, wenn es mit etwas zusammenhängt, wo ich ohnehin gegen bin. Also, die Schwangerschaft an sich hätte mir bestimmt nichts ausgemacht. Wer ist der Vater?“ Shannon schwieg. Gene wiederholte die Frage:"Wer ist der Vater?“ Als Shannon wieder nicht antwortete, wurde er ungeduldig:"Shannon, wer ist der Vater? Sage es mir – BITTE!“ Shannon sah ihn an:"Versprich mir, dass du nicht gleich wütend wirst.“ Gene kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Shannon sprach zögernd weiter:"Es ist… Ace.“ Gene schnappte nach Luft und schrie aufgebracht:"BITTE, WAS?" Er zog sich die Jacke an und wollte raus. Shannon fragte ihn:"Wohin willst du?" Gene sagte wütend:" Ich werde jetzt zu Ace gehen und ihm die Meinung sagen. Shannon bat ihn:" Gene, bleib hier. Er weiß es doch selber noch nicht.“ Doch das hielt Gene nicht davon ab, doch zu Ace zu gehen.



An Aces Haus angekommen, hämmerte Gene wie von Sinnen gegen die Tür, während er brüllte:"Frehley, mach die verdammte Tür auf. Ich weiß, dass du da bist!“ Ace öffnete ihm und fragte:"Was ist denn los?" Gene sagte wütend:"Was los ist? Das will ich dir sagen. Meine Tochter ist schwanger und nun ist sie verschwunden.“ Ace war fassungslos. Shandi war schwanger und hatte es ihm nicht einmal gesagt. Sie war einfach weg. Ace begann zögernd:"Gene, ich wusste das nicht. Sicher, wir haben miteinander geschlafen, aber ich hätte nicht gedacht, dass das nicht ohne Folgen bleibt.“ Gene wäre Ace fast an den Hals gesprungen. Ace konnte verstehen, dass Gene wütend war und er versuchte, ihn zu beruhigen:"Gene, es tut mir leid, dass das passiert ist. Aber ich liebe Shandi wirklich. Ich hätte sie doch nie im Stich gelassen. Wir müssen sie suchen.“ Gene sah in mit offenem Mund an. Hatte der Kerl gerade behauptet, dass er Shandi liebt? "Du liebst Shandi also. Und warum, um alles in der Welt hast du sie dann gleich verführt?" Ace sah Gene irritiert an und wehrte sich:"Ich habe sie nicht verführt. Wir haben miteinander geschlafen, weil wir beide es wollten.“ Gene sah ihn nur verächtlich an und sagte:"Jedenfalls war es das letzte Mal, dass du sie angefasst hast. Sie hat etwas Besseres verdient.“ Damit verließ er das Haus. Ace blieb nachdenklich zurück:"Shandi ist schwanger und nun ist sie irgendwo da draußen und weiß nicht, wo sie hin soll."
Mit diesem Gedanken machte er sich auf die Suche nach ihr – natürlich ohne Erfolg, denn sie hatte Amerika ja bereits verlassen.



Shandi ahnte von alledem nichts. Esther kümmerte sich rührend um ihre Tochter. Sie tat alles menschenmögliche, damit Shandi bis zur Geburt ihres Kindes ihre Ruhe hatte.

Als es nach neun Monaten, Oktober 1987, so weit war, hatte es Esther sich nicht nehmen lassen, bei der Geburt dabei zu sein. Alles verlief reibungslos und bald hielt Shandi ein kleines Mädchen im Arm. Sie hatte dunkle Haare und die Augen ihres Vaters. Shandi war sofort ganz vernarrt in die Kleine. Sie flüsterte ihr zu:"I love you.“ Dabei fiel ihr das Lied „Joanna“ von Kool & the Gang ein. Ja, so sollte ihre Tochter heißen: Joanna! Esther fand den Namen auch sehr hübsch.



In den ganzen Monaten ging es Ace nicht so gut. Er dachte immer wieder an Shandi und sein Kind, das er noch nicht sehen konnte. Wie es den beiden wohl ging?
Ob alles gut gegangen war?



Er war mit Frehleys Comet auf Tour und oft kam es vor, dass sich Ace verspielte und den Text eines Liedes vergaß. Alle machten sich Gedanken um ihn. Anton Fig, der Schlagzeuger, fragte Ace in einer Pause, was denn nur mit ihm los sei. Ace antwortete:"Ach, Anton. Ich denke die ganze Zeit an Shandi. Was sie wohl jetzt macht und ob alles gut gegangen ist mit unserem Baby.“ Das verstand Anton natürlich, aber er ermahnte Ace trotzdem, sich auf der Bühne zusammenzureißen. Ace versuchte das so gut es ging. Aber es war sehr schwer für ihn.



Auch Gene war in Gedanken nur bei seiner Tochter. Bruce, Paul und Eric konnten in dieser Zeit nicht viel mit ihm anfangen. Manchmal saß er gedankenverloren im Studio. Wenn einer der drei anderen mit ihm sprach, hörte er gar nicht zu oder zuckte erschrocken zusammen. Paul sagte:"So geht das nicht weiter. Du bist gar nicht bei der Sache.“ Gene fragte:"Was soll ich denn machen? Ich vermisse Shandi so sehr. Sie müsste inzwischen auch schon ihr Baby haben. Ich wüsste gerne, was es ist und ob es den beiden gut geht.“ Da klingelte plötzlich das Telefon. Esther hatte es nicht mehr ausgehalten und Gene, ohne Shandis Wissen, angerufen:"Hallo Gene, hier ist Esther." Gene erwiderte:"Esther, was für eine Überraschung. Was treibt dich denn dazu, mich anzurufen?“ Esther antwortete:"Shandi ist schon die ganze Zeit bei mir. Es geht ihr gut und dem Baby auch. Es ist ein Mädchen. Shandi hat die Kleine Joanna genannt.“ Gene freute sich über die Neuigkeiten. Doch er wollte auch sofort nach Deutschland kommen, um Shandi und seine Enkelin zumindest zu sehen und vielleicht sogar wieder nach Amerika zu holen. Esther war von der Idee nicht begeistert:"Gene, wenn Shandi herausfindet, dass ich dich angerufen habe und dir verraten habe, wo sie ist, wird sie vielleicht wieder weggehen.“ Gene überlegte kurz, dann sagte er:"Ja, vermutlich hast du recht. Ich lass es.“ Wenigstens wusste er jetzt, wo Shandi war und dass es ihr und dem Baby gut ging. Das beruhigte ihn.
Endlich konnte er sich wieder auf andere Dinge konzentrieren.





Kapitel 9 | Kapitel 11