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KAPITEL 11
 

Betrayed


Esther war davon ausgegangen, dass Shandi nichts davon mitbekommen hatte, dass sie Gene anrief. Doch sie hatte sich getäuscht. Shandi war, während sie noch mit Gene sprach, ins Zimmer gekommen und hatte sehr wohl gehört, mit wem Esther telefonierte. Sie machte ihrer Mutter große Vorwürfe:"Wieso hast du das getan, Mama? Ich bin mit Absicht von Dad weg, weil ich seinen Vorwürfen entgehen wollte und nun sagst du ihm, wo ich bin.“ Esther entgegnete:"Shandi, sei doch vernünftig. Dein Vater hat sich große Sorgen gemacht. Und ich denke, er hat ein Recht, zu erfahren, wie es dir geht und was mit dem Baby ist.“ Doch Shandi war wütend und enttäuscht. Sie fühlte sich von ihrer eigenen Mutter belogen und betrogen.



Sie packte einfach ihre Sachen, legte die kleine Joanna in den Tragekorb und reiste ohne ein Wort an ihre Mutter ab. Nun war sie wirklich auf sich gestellt. Sie überlegte, wo sie hinsollte. Es gab niemanden mehr, dem sie vertrauen konnte.



Daher reiste sie eine Weile mit ihrer kleinen Tochter durch Deutschland und landete schließlich in München. Es war schon ein komischer Zufall, dass sie ausgerechnet Abi, den Ex-Mann ihrer Mutter traf. Er sah sie an und bemerkte die Ähnlichkeit mit Esther, also sprach er Shandi einfach an:"Entschuldigung, wenn ich Sie so einfach anspreche, aber sie sehen jemandem sehr ähnlich, der mir einmal sehr wichtig war.“ Shandi lächelte. Natürlich erkannte sie Abi. Dann sagte sie:"Hallo Herr Ofarim. Ich bin die Tochter von Esther. Wahrscheinlich meinten Sie sie. Ich heiße Shandi.“ Abi sah sie entgeistert an. Esther hatte eine Tochter! Und er wusste nichts davon. Als er sich wieder etwas gefangen hatte, fragte er höflich, ob er Shandi weiterhelfen konnte. Shandi sagte:"Oh ja, das können Sie. Ich würde gerne eine Weile hier in München bleiben, aber ich weiß nicht, wo hier ein günstiges Hotel ist.“ Abi lächelte:"Nicht doch, ich habe eine bessere Idee. Kommen Sie doch einfach mit zu mir.“ Shandi wunderte sich und fragte:"Mit zu Ihnen?" Abi erwiderte:"Ja. Unsere Wohnung ist groß genug und Sie können sich das Geld für das Hotel sparen.“ Shandi war neugierig:"Wer ist denn ‚wir’, weil Sie gerade ‚unsere Wohnung’ sagten.“ Abi antwortete:"Mein Sohn Gil wohnt noch bei mir. Was ist nun? Nehmen Sie meine Angebot an?“ Shandi sagte zu.



So wohnten sie und Joanna erst einmal bei Abi und Gil.


Gil war schon etwas überrascht, als er Shandi sah. Doch nachdem Abi ihm die Situation erklärt hatte, war auch Gil damit einverstanden, dass es von nun an zwei Mitbewohner mehr gab. Er war auch sofort in Joanna vernarrt. Behutsam hielt er sie in seinen Armen und spielte mit ihr. Shandi musste lachen. Auch Abi grinste bei dem Anblick. Gil ließ es sich auch nicht nehmen, die Kleine ins Bett zu bringen, nachdem sie gefüttert und gewickelt war. Als er wieder ins Wohnzimmer kam, ging Shandi noch mal zu ihrer Tochter, um zu sehen, ob sie auch wirklich schlief. Währenddessen unterhielten sich Abi und Gil. Gil wollte wissen, warum Abi Shandi denn nun wirklich mitgenommen hatte. Abi erklärte:"Hast du sie dir genau angesehen, Gil? Sie ist das Ebenbild ihrer Mutter. Und das ist Esther.“ Gil war verwirrt. Daher fragte er:"Heißt das, sie ist auch Deine Tochter?" Abe antwortete:"Ich denke schon." Gil wusste nicht, wie er reagieren sollte. Einerseits war er enttäuscht, dass er bis jetzt nichts von seiner Halbschwester wusste, andererseits freute er sich darüber.
Er ging zu Shandi, die noch bei Joanna war, und zeigte ihr das Zimmer, in dem sie von nun an leben sollte. Dann sagte er:"Papa hat mir eben gesagt, dass du Esthers Tochter bist. Stimmt das?“ Shandi antwortete:"Ja." Gil sah sie eine Weile an. Shandi fragte:"Was ist?" Darauf antwortete Gil:"Dann bist du wohl auch meine Halbschwester.“ Shandi sagte:"Nein, die bin ich nicht. Mein Vater ist Gene Simmons von KISS.“ Gil war perplex:"Dann hat sie meinen Vater damals betrogen?“ Shandi wurde verlegen und erwiderte:"Ich fürchte, ja. Abi hat das wohl nicht gewusst.“ Gil schüttelte den Kopf. Er schaute sie ein wenig enttäuscht an, was Shandi bemerkte. Sie wollte wissen:"Was ist denn jetzt?" Gil antwortete:"Ach, es ist nur so, dass ich mich gefreut hätte, eine ältere Halbschwester zu haben." Shandi lächelte:"Wenn du willst, kann ich es ja trotzdem sein. Ich werde ja wohl einige Zeit hier bleiben. Joanna ist noch zu klein, als dass ich die ganze Zeit mit ihr herumreisen kann.“ Gil nickte und sagte:"Ja. Es wäre schön, wenn du so etwas wie meine Halbschwester sein würdest – auch wenn du es nicht wirklich bist.“ Er verabschiedete sich mit einem Kuss auf die Wange von Shandi und wünschte ihr eine gute Nacht.


Als er wieder im Wohnzimmer bei seinem Vater war, erzählte er ihm, was er von Shandi erfahren hatte. Doch Abi mochte Shandi, darum ließ er sie und Joanna bei sich wohnen, auch wenn sie nicht seine Tochter war. Gil war froh über diese Entscheidung.



Shandi lebte genau anderthalb Jahre bei Abi und Gil. In dieser Zeit bekamen sie oft Besuch von Sandra, Gils leiblicher Mutter, sowie von Tal, Gils Bruder. Tal mochte Shandi nicht so sehr. Er hielt sie für einen Eindringling, der nichts im Leben der Familie Ofarim zu suchen hatte. Das spürte Shandi. Immer wieder kam es zu Unstimmigkeiten zwischen Gil und Tal und auch Sandra war nicht begeistert, dass Shandi so lange dort lebte.



Also sagte Shandi eines Tages zu Abi:"Abi, bitte verstehe mich nicht falsch. Ich bin dir sehr dankbar für alles, was du in den letzten anderthalb Jahren für mich und Joanna getan hast. Aber ich denke, es wird Zeit, hier wegzugehen.“ Abi sah sie überrascht und traurig zugleich an und fragte:"Aber warum denn das?" Shandi erklärte ihm, dass sie die Streitereien wegen ihr mitbekommen hatte und dass sie nicht länger Abis Gastfreundlichkeit ausnutzen wollte. Dann sagte sie:"Abi, ich habe die Zeit hier sehr genossen. Zumal ich in dir einen sehr lieben Ersatzvater gefunden habe. Doch ich muss gehen.“ Abi verstand sie, doch er war sehr traurig. Er rief ihr noch ein Taxi, das sie zum Flughafen brachte.






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