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KAPITEL 19
 

Good Girl gone Bad


Gene sollte recht behalten. Shandi weigerte sich, am nächsten Morgen mit ihm zu reden. Stattdessen saß sie schweigend beim Frühstück. Sie aß auch nur ganz wenig. Gene stand auf und ging zum Telefon. Er rief Florence an. Vielleicht wusste sie ja wirklich, was mit Shandi los war. Als sie sich meldete, sagte er:"Hi Mom. Hier ist Gene. Du hattest mich gebeten, dich anzurufen. Was gibt es denn?“ Florence antwortete:"Gene, gut, dass du anrufst. Es gibt in der Tat etwas Wichtiges, das ich dir zu sagen habe. Ich war gestern Abend noch bei euch, weil ich dich eigentlich besuchen wollte, aber Kristin sagte mir, dass du mit Shannon ausgegangen bist. Sie machte jedoch so eine komische Bemerkung über Shandi. Also bin ich zu ihr ins Zimmer gegangen, um nach ihr zu sehen. Shandi hat zwar schon geschlafen, aber die Jacke lag achtlos auf dem Boden, also wollte ich sie aufhängen. Dabei ist aus der Jackentasche so ein Tütchen mit Pillen gefallen. Ich fürchte, das ist Ecstasy. Vieles spricht dafür, dass Shandi angefangen hat, Drogen zu nehmen. Mein Junge, ich mache mir Sorgen um Shandi.“ Gene war so geschockt von diesen Neuigkeiten, dass er erst einmal gar nicht antworten konnte. Er hatte so etwas schon geahnt, als er Shandi in diesem schlechten Zustand sah, aber er hatte so sehr gehofft, dass er sich irrte. Schließlich sagte er:"Danke, Mom. Ich werde mich wohl mehr um Shandi kümmern müssen. Aber das ist gar nicht so einfach. Denn sie lässt mich gar nicht an sich heran.“ Florence war bestürzt, das zu hören.



Während Gene noch mit Florence telefonierte, fuhr Shandi in ihr Zimmer und suchte die Pillen. Doch sie fand sie nicht. Woher sollte sie auch wissen, dass ihre Großmutter sie an sich genommen hatte? Shandi war so mit der Suche beschäftigt, dass sie gar nicht mitbekam, dass Kristin im Zimmer stand. Shandi erschrak regelrecht, als Kristin sie fragte:"Suchst du irgendetwas?“ Shandi fragte ihre Halbschwester unfreundlich:"Musst du mich so erschrecken?" Kristin hob die Augenbrauen und sagte:"Mann, bist du in letzter Zeit empfindlich." Shandi warf sie mit den Worten "Lass mich doch in Ruhe“ aus ihrem Zimmer. Kristin war sauer. Wütend knallte sie die Tür hinter sich zu und dachte:"Blöde Kuh. Die kann mir doch echt gestohlen bleiben."


Florence hatte nach dem Gespräch mit Gene beschlossen, noch mal zu ihm zu gehen.

Als sie im KISS-Haus ankam, war Shandi immer noch bei der Suche, nach ihren Pillen.
So bekam sie auch gar nicht mit, als Florence plötzlich hinter ihr stand und fragte:"Suchst du vielleicht die hier?“ Shandi fuhr erschrocken herum und sah ihre Großmutter entgeistert an. Gene war auch hinzugekommen. Er hoffte, Shandi würde ihm nun endlich die Wahrheit sagen. Shandi fragte Florence:"Woher hast du die?" Florence erklärte:"Sie sind gestern Abend aus deiner Jackentasche gefallen, als ich die aufhängen wollte. Shandi, sage die Wahrheit. Nimmst du Drogen?“ Shandi wurde böse und schrie Florence an:"Gib mir die Pillen!" Doch die dachte gar nicht daran. Gene pflichtete seiner Mutter bei:"Sie hat recht, Shandi. Wenn du Drogen nimmst, brauchst Du Hilfe.“ Doch Shandi schrie:"Macht doch, was Ihr wollt! In Euren Augen ist doch sowieso alles, was ich tue, falsch.“ Damit schnappte sie sich ihre Jacke, ließ Florence und Gene stehen.
Draußen setzte sie sich in ihr Auto und fuhr weg. Sie hatte genug.



Nun brauchte sie jedoch neue Pillen. Und wo sie den Typ vom Vortag finden würde, wusste sie nicht.
So fuhr sie wieder einige Zeit durch die Stadt. An dem Pub, wo sie am Vorabend eingekehrt war, hielt sie an und stieg aus dem Wagen, als sie plötzlich von jemandem angesprochen wurde:"So sieht man sich wieder.“ Es war der Typ, den sie im Pub kennen gelernt hatte. Shandi erwiderte:"Genau dich habe ich gesucht."Sie erzählte ihm, was passiert war und dass sie neues Ecstasy brauchte. Er lächelte und sagte:"Eigentlich mache ich das ja nicht umsonst, aber ich mache noch einmal eine Ausnahme, weil ich dich irgendwie mag." Shandi sah ihn fragend an."Was meinst du, mit ‚nicht umsonst’?“ Der Typ grinste:"Tja, Mädel. Eigentlich bin ich gewohnt, dass man dafür bezahlt oder etwas dafür tut.“ Shandi sagte:"Okay, wie viel kostet das Zeug?“ Die Antwort war:"’N Hunderter." Shandi zog das Geld aus ihrer Tasche und sagte zu ihm:"Da. Ich will nichts umsonst.“ Der Typ nahm das Geld, gab ihr die Pillen und verschwand wieder.



Shandi fuhr wieder nach Hause.



Sie dachte, sie wäre alleine.
Also ging sie ins Bad und wollte gerade zwei der Pillen einnehmen, als sie plötzlich Kristins Stimme hinter sich hörte:"Shandi, tu das nicht. Mann! Du bist doch wohl verrückt! Wenn Daddy das erfährt, wird er wahnsinnig.“ Shandi sah ihre Schwester mit schmalen Augen an und schrie:"Halte dich da heraus! Das geht dich gar nichts an!" Sie war nur froh, dass sie die anderen Pillen gut versteckt hatte, so konnte sie jederzeit wieder darauf zurückgreifen. Kristin war wütend und traurig zugleich. Normalerweise wäre sie wieder gegangen und hätte Shandi sich selbst überlassen, aber sie war doch ihre Halbschwester.



Gene, der in seinem Büro die Lieder für das neue Album überarbeitete, kam herunter, da er das Geschrei mitbekommen hatte. Er sah die Pillen in Shandis Hand und schimpfte:"Jetzt habe ich aber genug! Auch, wenn du gestern erst damit angefangen hast, scheinst du nicht mehr davon loszukommen. Und deshalb bringe ich dich jetzt in eine Suchtklinik. Die sollen dir helfen, davon wegzukommen. Und wag es ja nicht, mir zu widersprechen.“ Damit zog er Shandi in sein Auto und brachte sie in die Klinik.
Während der Fahrt fragte er:"Shandi, was ist denn nur in dich gefahren? Was ist nur aus meinem guten Mädchen geworden?“ Shandi gab patzig zurück:"Das ist sehr böse geworden.“ Gene antwortete:"Das sehe ich. Aber warum?“ Da brach es aus Shandi heraus:"Weil alles, was ich tue, falsch zu sein scheint. Weil jeder, den ich liebe, sich von mir abwendet. Weil man mich nur noch anfeindet. Darum!“ Gene fragte:"Was, beziehungsweise wen meinst du?" Shandi entgegnete:"Ich meine damit, dass du gegen alles bist, was ich will. Das fing bei Ace an und seitdem meckerst du nur noch an mir herum. Und Ace hat sich auch von mir abgewendet." Tränen liefen über Shandis Gesicht. Sie fuhr fort:"Und Monique hat mir wegen ihm total zugesetzt. Alle scheinen zu glauben, dass ich das so einfach schlucke. Aber ich kann nicht mehr, Daddy.“ Jetzt weinte sie hemmungslos. Gene war fassungslos. Da saß Shandi neben ihm und hatte sich nach langer Zeit zum ersten Mal wieder geöffnet. Und nun weinte sie. Shandi setzte noch unter Tränen hinzu:"Und außerdem – glaubst du denn, dass ich den Tod meines Eheannes schon verwunden hätte? Ich vermisse ihn so sehr, denn er war der Einzige, der mich wirklich geliebt und verstanden hat.“ Gene fuhr rechts ran und hielt an. Er nahm seine Tochter in die Arme und versuchte sie zu trösten:"Mein armer Schatz. Und das alles wolltest du mit dir alleine ausmachen?“ Shandi sagte:"Nein, ich wollte nicht, ich musste. Denn du hast mir ja gar nicht richtig zugehört. Für dich waren doch immer andere Dinge wichtiger.“ Das war Gene niemals richtig bewusst gewesen, aber Shandi hatte recht. Er hatte immer nur geschimpft, aber auf ihre Belange und Sorgen war er nicht eingegangen. Er nahm sich vor, wenn er Shandi in die Klinik gebracht hatte, würde er einiges bereinigen. Und er würde bei Ace anfangen. Freddies Tod konnte er nicht rückgängig machen und auch Eric Carr konnte er nicht wieder lebendig machen. Doch er würde dafür sorgen, dass sie zumindest mit Ace glücklich werden konnte, wenn die Zeit reif dafür war. Er fuhr weiter und brachte Shandi in die Klinik. Er versprach ihr, sie so oft wie möglich zu besuchen. Dann fuhr er wieder.



Zuerst fuhr er zu Ace. Der war sehr überrascht, dass Gene ihn besuchte:"Mit dir habe ich nun gar nicht gerechnet." Gene antwortete:"Ich habe mit dir zu reden. Ich habe Shandi gerade in eine Suchtklinik bringen müssen, weil sie angefangen hat, Drogen zu nehmen. Und einer der Gründe dafür bist Du.“ Ace sah ihn ungläubig an und fragte:"Was habe ich denn damit zu tun?" Gene schimpfte:"Das will ich dir sagen. Weil Shandi dich wirklich liebt. Und du hast sie einfach abblitzen lassen. Wobei ich mich frage, wieso. Denn sie hat es immer nur gut mit dir gemeint. Sie ist an deiner Dummheit in Bezug auf deinen Alkoholkonsum irre geworden. Dann meinte Monique auch noch, auf Shandi herumhacken zu müssen. Glaubst du denn, das geht alles spurlos an Shandi vorbei?“ Ace war schockiert. Er wusste gar nicht, was er sagen sollte. Monique, die alles mit angehört hatte, dafür umso mehr. Wütend sagte sie zu Gene:"Lass meinen Vater doch in Ruhe. Er hat genug Sorgen. Und außerdem ist er doch nicht für das Verhalten Deiner Tochter verantwortlich. Und wenn sie tausend Mal behauptet, sie würde ihn lieben. Ich traue ihr nicht.“ Gene versuchte, ruhig zu bleiben. Also sagte er im freundlichen Ton:"Monique, ich glaube nicht, dass du das wirklich beurteilen kannst, aber in einem Punkt gebe ich dir recht: Dein Vater hat genug Sorgen. Und die sollte er in den Griff bekommen.“ Ace sah seine Tochter an und sagte:"Monique, halte dich da heraus. Gene hat recht. Shandi hat wirklich immer alles dafür getan, dass ich mit dem Trinken aufhöre und ich habe sie enttäuscht. Und nur durch mein dummes Verhalten hat sie selber jetzt mit so einem Mist angefangen.“ Monique traute ihren Ohren nicht:"Daddy, hast du denn vergessen, was sie dir alles an den Kopf geworfen hat? Oder dass Du nur wegen ihr diesen verdammten Spiegel zerschlagen hast?“ Ace lächelte. Er sagte:"Mein Kleines, Shandi hat mir das alles doch nur gesagt, damit ich wieder aus diesem Sumpf heraus komme. Ich habe es doch nur ihr zu verdanken, dass ich es einmal geschafft habe.“ Monique wurde nachdenklich. Sie wusste, dass ihr Vater recht hatte. Ihre eigene Mutter war eher noch selber diesem Teufelszeug verfallen, als dass sie Ace hatte beistehen können. Nur Shandi hatte an ihn geglaubt und ihn aufgebaut. Soviel wusste Monique. Sie nahm sich fest vor, noch einmal mit Shandi zu reden und sich bei ihr zu entschuldigen. Doch heute ging es nicht mehr. Schließlich war Shandi gerade erst in der Klinik und musste den Entzug durchziehen.



Gene fuhr wieder nach Hause, als er die Sache geklärt hatte.
Er berichtete seiner Familie von den Ereignissen. Kristin sagte leise:"Ich hoffe, sie schafft es. Das war ja nicht mehr mit anzusehen." Gene stimmte ihr zu:"Aber wenn sie wieder zuhause ist, sollten wir uns wirklich mehr um sie kümmern. Ich persönlich werde mich darum bemühen, ihr besser zuzuhören und sie auch ernster zu nehmen. Irgendwie habe ich wohl übersehen, dass sie kein kleines Mädchen mehr ist.“



Währenddessen war Shandi in der Klinik ausgeflippt. Sie versuchte, zu fliehen. Sie wollte nur raus, was durch die Entzugserscheinungen ausgelöst wurde. Sie fühlte sich bedroht. Doch der Fluchtversuch wurde durch zwei Pfleger verhindert. Man fixierte Shandi an ihrem Bett. Nun schrie sie sich fast die Seele aus dem Leib. Das hatte allerdings nur zur Folge, dass sie durch Medikamente ruhig gestellt wurde. Erschöpft schlief sie ein.



Im KISS-Haus herrschte gedrückte Stimmung. Jeder machte sich Sorgen um Shandi. Paul und Eric Singer, die von Gene erfuhren, was geschehen war, waren ebenfalls schockiert. Eric sagte:"Ich habe mir schon so was gedacht, als ich sie letzte Nacht nach Hause gebracht habe. Dass Shandi einmal so abrutscht, hätte ich nie für möglich gehalten.“ Er mochte Shandi im Grunde genommen, doch das sagte er nicht. Auch Paul sagte:"Ich hätte nie geglaubt, dass sie zu so etwas fähig wäre. Sie war doch immer so vernünftig.“ Gene sagte zu Paul:"Ja, aber sie hat so viel durchgemacht in den letzten Jahren, dass sie das alles gar nicht richtig verarbeiten konnte. Die Vergewaltigung durch Vinnie, wo ich ihr gar nicht so richtig helfen konnte. Ihre unglückliche Liebe zu Ace und dann die Geburt ihrer gemeinsamen Tochter, womit Shandi auch alleine fertig werden musste. Die Beziehung zu Roger, die nicht wirklich gut lief. Mit Freddie schien sie wieder glücklich werden zu können, aber der ist jetzt tot. Und dann diese dumme Geschichte mit Eric Carr. Es war einfach zu viel für sie.“ Paul und Eric Singer starrten nachdenklich vor sich hin. Eric murmelte vor sich hin:"Wenn man ihr doch nur helfen könnte.“ Gene sagte zu Eric:"Helfen wird man ihr jetzt erst einmal in der Klinik. Und danach müssen wir einfach mehr für sie da sein.“ Paul und Eric nickten zustimmend. Schließlich verabschiedete sich Eric und ging nach Hause. Paul, Shannon, Gene und Kristin beschlossen, schlafen zu gehen.
Im Schlafzimmer fragte Shannon:"Wer bringt es denn nun den Kindern bei, wo ihre Mutter ist? Und vor allem, wer soll sich jetzt erst mal um sie kümmern?“ Gene entgegnete:"Ich werde mit den Kleinen sprechen und ihnen alles erklären. Aber um sie kümmern, werden wir uns zusammen, das sind wir Shandi schuldig.“ Shannon sagte:"Ja, mein Schatz. Du hast recht. So ist es wohl am besten.“ Dann gingen sie schlafen.




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